Das SMART-Farm Tool erklärt

Gastbeitrag FIBL – Autorin: Kashina Perlinger
(Photo: FiBL – Mubiru Derrick Treisman)

Ein smartes Instrument für Nachhaltigkeitsbewertung

Wie in unserem letzten Gastbeitrag versprochen, wollen wir euch heute genauere Einblicke in unsere Datenerhebung in Uganda geben. Für unser Forschungsprojekt haben wir 200 Kakaobetriebe in der Region von Kasawo besucht und dort mithilfe des SMART-Farm Tools Daten erhoben, die uns einen Einblick in die Nachhaltigkeit des Betriebes ermöglichen.

Beim SMART-Farm Tool (Sustainability Monitoring and Assessment Routine) handelt es sich um ein innovatives Instrument zur ganzheitlichen Nachhaltigkeitsanalyse sowie Bewertung von landwirtschaftlichen Betrieben und Lebensmittelunternehmen, welches auf den global gültigen Richtlinien der Welternährungsorganisation basiert (FAO SAFA). Das Instrument wurde von NachhaltigkeitsexpertInnen der FiBL-Forschungsinstitute unter Einbezug von über 60 LandwirtschaftsexpertInnen anderer Forschungsinstitutionen entwickelt und besteht aus einer hoch effizienten Datenbank sowie wissenschaftlich fundierten Bewertungsmethodik. Damit ermöglicht es wissenschaftlich abgesicherte und vergleichbare Bewertungen im Agrar- und Lebensmittelsektor. Im Gegensatz zu Lebenszyklusanalysen, wie z.B. CO2-Bilanzierungen oder Berechnung von Wasserfussabdrücken für einzelne Produkte, betrachtet SMART die ganzheitliche Nachhaltigkeit von landwirtschaftlichen Betrieben. Dies bedeutet, dass Indikatoren aus den Dimensionen „Ökologische Integrität“, „Ökonomische Resilienz“, „Soziales Wohlergehen“ und „Gute Unternehmensführung“ bewertet werden. Diese Indikatoren werden dann zu 21 Nachhaltigkeitsthemen zusammengefasst. Für jeden Betrieb lässt sich damit die genaue Performance für jedes der Nachhaltigkeitsthemen berechnen.

Das Gesamtergebnis der Nachhaltigkeitsanalyse wird nach Auswertung aller Daten in Form einer „Spinne“ dargestellt (Abb. 1). Dabei werden alle vier Dimensionen gleichermassen abgebildet sowie die jeweilige prozentuale Zielerreichung in den 21 Themen.

Übertragen in die Praxis unserer Datenerhebung in Uganda, sah das so aus: Mit jedem unserer 200 ausgewählten KakaoproduzentInnen wurde mithilfe der SMART-Software ein Interview durchgeführt. Jedes Interview beinhaltete rund 300 Fragen zu den 21 Nachhaltigkeitsthemen. Dabei haben wir uns nicht nur auf den Kakaoanbau fokussiert, sondern auf die gesamte Farm, da die Kakaoproduktion nur ein Element der Betriebsprozesse darstellt und Teil eines komplexen Systems ist. Die LandwirtInnen wurden also auch zum Anbau ihrer Feldfrüchte für die Selbstversorgung, wie Mais oder Süsskartoffel, sowie zur Tierhaltung befragt. Ausser den agronomischen Informationen beinhaltet SMART beispielsweise Indikatoren zur ökonomischen Situation der Betriebe, zum Wohlergehen der Familie und den Arbeitern, sowie zum sozialen Gefüge in der Dorfgemeinschaft. Zusätzlich haben wir Fragen zur Beziehung zwischen den LandwirtInnen und ihren Kakaoabnehmern eingebaut. Das Interview beinhaltet auch eine Betriebsbesichtigung, um einen guten Überblick über die Produktionsweise zu erhalten. Gerade dieser Betriebsrundgang hat den Landwirten besonders viel Spass gemacht, da sie mit Stolz die Früchte ihrer harten Arbeit zeigen konnten. Für jedes SMART-Interview verbrachten wir daher jeweils zwei bis drei Stunden auf dem Betrieb und konnten so nicht nur interessante Einblicke in die Landwirtschaft Ugandas, sondern auch in die Kultur und Persönlichkeit der KakaoproduzentInnen gewinnen. Als kleines Dankeschön für die uns gewidmete Zeit erhielt jeder InterviewpartnerIn eine Hacke zum Bearbeiten der Felder, die von der ganzen Familie begeistert entgegengenommen wurde. Nicht selten wurden wir nach einem Interview noch auf einen typisch afrikanischen „Chai“ oder eine Jackfruit eingeladen.

In unserem nächsten Beitrag wollen wir euch erste Ergebnisse der SMART-Erhebung sowie unsere Eindrücke aus Uganda näher bringen.

Abb.1 Fiktives Gesamtergebnis einer SMART-Erhebung

Forschung für faire Schokolade

Gastbeitrag FIBL – Autorin: Kashina Perlinger

Seit Herbst 2019 arbeiten wir zusammen mit SCHÖKI an einem gemeinsamen Forschungsprojekt, finanziert durch den Schweizer Nationalfonds im Rahmen des NFP73 Programmes zu Nachhaltiger Wirtschaft. Ziel des Projektes ist es, Möglichkeiten und Ansätze in der Wertschöpfungskette von Schokolade zu entwickeln und deren Einfluss auf die Nachhaltigkeitsleistung der Landwirte zu analysieren. Dafür erarbeiten das FiBL und SCHÖKI unterschiedliche innovative Massnahmen, wovon eine konkret mit den KakaoproduzentInnen, mit denen SCHÖKI zusammenarbeitet, in Uganda umgesetzt werden soll. Anschliessend soll wissenschaftlich bewertet werden, inwiefern die umgesetzte Massnahme zu einer Verbesserung der Nachhaltigkeit entlang der Wertschöpfungskette beigetragen hat. Wir hoffen, dass wir mit unseren Ergebnissen den Handel und die Schokoladenindustrie dazu motivieren können, den Kurs hin zu echter Fairness einzuschlagen.

Zunächst möchten wir das Forschungsinstitut sowie uns genauer vorstellen: Das Forschungsinstitut für biologischen Landbau hat seinen Hauptsitz im aargauischen Frick (CH) und ist weltweit einer der Vorreiter in der Forschung zu biologischen Landbau. Neben Kompetenzen in unterschiedlichen Bereichen des Biolandbaus sowie internationaler Entwicklungszusammenarbeit verfügt das FiBL ausserdem über spezielles Know-how in der Nachhaltigkeitsbewertung entlang von Wertschöpfungsketten.

Wir, Lina und Kashina, arbeiten innerhalb des Forschungsprojektes am FiBL. Während Lina als Doktorandin langfristig ihre Dissertation in dem Projekt anfertigt, beleuchtet Kashina für ihre Abschlussarbeit die Beziehungen zwischen den Akteuren entlang der SCHÖKI-Schokolade.
Als Forschungsinstitut wollen wir SCHÖKI behilflich sein eine Strategie zu erarbeiten, wie sie die Schokolade langfristig noch fairer, nachhaltiger und transparenter machen können. Ein wichtiger Baustein ist dabei der Aspekt der „Nachhaltigkeit“. Wir haben uns gemeinsam die Frage gestellt, wie können wir Biodiversität fördern und die KakaoproduzentInnen zu einer nachhaltigeren Landwirtschaft, zum Beispiel durch Agroforstsysteme, motivieren? Um diesen Fragen auf den Grund zu gehen, reisten wir zusammen mit einem Kollegen für mehrere Wochen nach Uganda. Dort führte uns die Reise zunächst in die Hauptstadt Kampala, in welcher wir eine Woche ein umfassendes theoretisches Training durchführten.

Anschliessend ging es für die praktische Durchführung der Feldstudie ins Landesinnere in Richtung Nord-Osten, genauer gesagt in die Region Mukono, wo sich die ausgewählten landwirtschaftlichen Betriebe befinden. Dazu zählen natürlich auch die 40 KakaoproduzentInnen, mit welchen SCHÖKI eng zusammenarbeitet. Um wissenschaftlich valide Ergebnisse zu gewährleisten wurde die Anzahl der KakaoproduzentInnen für die Stichprobe auf ca. 200 Betriebe erweitert. Bei allen ausgewählten LandwirtInnen wurde gleichermassen eine ganzheitliche Nachhaltigkeitsanalyse der Kakaobetriebe durchgeführt, um eine Massnahme zu entwickeln, die genau auf die lokalen Bedürfnisse zugeschnitten ist. Welches Instrument dabei eingesetzt wurde und wie die Datenerhebung in Uganda genau aussah, erfahrt ihr in unserem nächsten Blog-Beitrag.